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Klappertopf - Warum kein Lippenblütler?

Wer kennt ihn nicht, den Zottigen Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus)? Bestimmt hast auch du ihn schon einmal gesehen. Er wächst in Wiesen und Weiden und ist in der Schweiz die häufigste der fünf hierzulande vorkommenden Arten. Zottig, weil bei ihm die Kelchblätter der Blüten behaart sind (im Bild unten), während sie bei den anderen Arten kahl sind. Ansonsten sehen sich die Schweizer Vertreter dieser Pflanzengattung Klappertopf (Rhinanthus) aber sehr ähnlich. Würde man sie nur auf ihr Äusseres reduzieren, gingen sie glatt als Lippenblütler durch (Familie Lamiaceae). Dem ist allerdings nicht so, wie man an einem morphologischen Merkmal feststellen kann, es ihre Lebensweise verrät und auch genetische Analysen bestätigen.

Rätselfragen

1. Welche Merkmale teilen Klappertöpfe mit den Lippenblütlern? Es sind mindestens drei!

2. Welches Merkmal lässt sie auffliegen, respektive ist bei Lippenblütlern anders?

3. Was ist speziell an ihrer Lebensweise?

4. In welche Familie gehören sie, unter anderem wegen ihrer Lebensweise?

5. Fluch und Segen zugleich - weshalb?

 

Die Lösungen folgen in ...

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Lösung 1

Lippenblütler-Merkmale, welche Klappertöpfe auch haben:

- Monosymmetrische (zygomorphe) Blüten

- Verwachsene Krone mit Ober- und Unterlippe

- 4 Staubblätter

- Gegenständige Blätter

- Vierkantiger Stängel

 


Lösung 2

Merkmal, das bei Lippenblütlern anders ist als bei Klappertöpfen:

Der Fruchtknoten ist bei Lippenblütlern von aussen gesehen vierteilig (Klausenfrucht), während er bei Klappertöpfen eine zweifächerige Kapselfrucht und entsprechend ungeteilt ist.


Lösung 3

Lebensweise:

Klappertöpfe sind Halbschmarotzer (=Hemiparasiten). Halb, weil sie einerseits grün sind, also Chlorophyll enthalten, und entsprechend Zucker durch Photosynthese selbst herstellen, andererseits aber über ihre Wurzeln Nährstoffe von Nachbarpflanzen beziehen. Wenn man sie auszupft, erkennt man, dass sie nur ein verkümmertes Wurzelwerk haben. Schaut man die Wurzeln genauer an, sieht man kleine Saugwarzen, mithilfe derer sie in die Leitungsbahnen benachbarter Pflanzen eindringen.

 

Übrigens: Lippenblütler sind keine Schmarotzer. Auch deshalb passen die Klappertöpfe nicht dazu.


Lösung 4

Familie:

Klappertöpfe gehören zu den Sommerwurzgewächsen (Orobanchaceae). Eine Schmarotzerfamilie durch und durch. Sämtliche Vertreter sind entweder Halb- oder Vollschmarotzer. Zu den Halbschmarotzern zählen unter anderem die Läusekräuter (Pedicularis sp.), Wachtelweizen (Melampyrum sp.) und Augentroste (Euphrasia sp.). Vollschmarotzer sind beispielsweise die Sommerwurzen, auch Würger genannt (Orobanche sp.), welche die grösste der einheimischen Gattungen ist und ihre Vertreter durch ihr bräunliches Aussehen auf den ersten Blick eher an Pilze erinnern als an Pflanzen.


Lösung 5

Fluch:

Weil Klappertöpfe ihren Nachbarpflanzen Nährstoffe entziehen, hemmen sie deren Wuchs und reduzieren so den landwirtschaftlichen Futterertrag von Wiesen. Zudem ist ihr Futterwert gering und im frischen Zustand sind sie leicht giftig. Es ist deshalb verständlich, dass manche Landwirte sie verfluchen, insbesondere dann, wenn sie Massenbestände bilden. Da Klappertöpfe einjährig sind und sich über Samen vermehren, können Massenbestände bereits mit einem einmaligen Frühschnitt vor der Blüte erfolgreich reduziert werden.

 

Segen:

Eben weil sie durch ihre parasitäre Lebensweise andere Pflanzen in ihrem Wuchs hemmen, senken sie die Dominanz von sonst wenigen wuchskräftigen Arten und fördern so die Vielfalt, respektive die Koexistenz von vielen verschiedenen Arten. Allerdings auch nur dann, wenn sie selbst nicht in Massen vorkommen.


Wie du siehst, sind die Klappertöpfe spannende Vertreter unserer Pflanzenwelt. Wir hoffen, wir konnten dir ein paar interessante Einblicke geben und freuen uns, wenn du deine Erkenntnisse oder Beobachtungen mit uns in den Kommentaren unten teilst.

 

Möchtest du mehr erfahren über schmarotzende Pflanzenarten? Im aktuellen FLORACH-Heft findest du spannende Artikel über "lausige Kräuter", "schöne Schmarotzer" und "andere halbe Parasiten". Link zur FLORACH-Frühlingsausgabe 2024

 

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Christine Jaeger (Samstag, 01 Juni 2024 18:36)

    Danke! Toller Beitrag!

  • #2

    lena (Samstag, 01 Juni 2024 18:45)

    sehr spannend und bereichernd. danke fürs teilen von eurem wissen.

  • #3

    Sonja (Samstag, 01 Juni 2024 22:20)

    Merci euch!!!
    Ich meine, dass ein weiterer Unterschied die beim Klappertopf mit der Krone verwachsenen Staubblätter sind. Kann man sehen, wenn man die Krone öffnet. Das passt auch nicht zum Lippenblütler.

  • #4

    Jürgen Borchardt (Samstag, 01 Juni 2024 22:32)

    Auch von mir ein herzliches Dankeschön.
    Habe in diesem einen Artikel sehr viel gelernt, weil alles neu für mich war.
    Habe diese Pflanze schon sehr oft fotografiert und mich an dem Anblick der grossen Beständen erfreut. Besonders wenn die Bestände einen schönen Hintergrund für Störche auf der Froschjagd bildeten:
    Grüssli
    Jürgen Borchardt

  • #5

    Sybille (Sonntag, 02 Juni 2024 12:04)

    Sehr schöner Beitrag, tolle Fotos - vielen Dank!

  • #6

    Philip (Montag, 03 Juni 2024 08:38)

    Super Beitrag und super erklärt! Vielen Dank!